Heinz Ohff:
"Naturalismus und Farbräume", in Der Tagesspiegel, Berlin, 21.11.1979
Der Tagesspiegel – Feuilleton
21. November 1979
Naturalismus und Farbräume
"Godehard Lietzow, einst Kunstkritiker (u.a. am Tagesspiegel) und später Kunsthändler und Galerist, ist jetzt selbst unter die Künstler gegangen, freilich kaum als Autodidakt.
Er hat noch vor seinen anderen Berufen in Hannover und Berlin (bei Thieler) Kunstpädagogik studiert. Trotzdem – er ist mittlerweile 42 – scheint es doch nicht ganz so einfach, zu seinen Ursprüngen zurückzukehren, und es ist die Frage, ob Lietzow gut beraten war, schon zu diesem Zeitpunkt auszustellen. Seine Zeichnungen und Aquarelle, die er bei Marina Dinkler zeigt, sind gewiss nicht unbegabt. Er hat eine lockere Hand, mit der er, in Paul-Klee- und Wols-Manier, aus einem Gegensatz zwischen Strichballungen und ausgespartem Freiraum zuweilen halb-gegenständlich-skurrile Wirkungen erzielt.
Die meisten Zeichenblätter scheinen jedoch noch viel zu dicht an- und ausgefüllt; sie ähneln dadurch eher Schnittmusterbögen als überlegen gehandhabter Grafik. Auch in den Aquarellen verlaufen nass-in-nass gesetzte Farben noch allzu undifferenziert, und nur in einigen sparsamen Arbeiten – einem "Haus und Hof lyrisch" und den jüngst entstandenen "Wassertannen" – zeigt sich, dass wenn schon kein Meister, so doch bisweilen ein Geselle vom Himmel fallen mag."
Heinz Ohff
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